Bezirksamt Berlin Mitte gefährdet Dekolonisierung des sogenannten Afrikanischen Viertels
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Decolonize Berlin“ kritisiert, dass das Bezirksamt von Berlin Mitte noch ein Rechtsgutachten zur anstehenden Umbenennung der Petersallee in Berlins "Afrikanischem Viertel" in Auftrag gegeben hat.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Decolonize Berlin“ kritisiert, dass das Bezirksamt von Berlin Mitte noch ein Rechtsgutachten zur anstehenden Umbenennung der Petersallee in Berlins „Afrikanischem Viertel“ in Auftrag gegeben hat. Die BVV hat über die Änderung dieses Namens sowie über die Umbenennung der Lüderitzstraße und des Nachtigalplatzes schon im März 2016 positiv entschieden. Während jetzt für diese beiden Straßen zum Einbringen von Alternativvorschlägen in Würdigung von afrikanischen Widerstandskämpfer_innen aufgerufen wird, bleibt die Petersallee unerwähnt. Aus Sicht des Bündnisses wird durch den Schritt die konsequente Dekolonisierung des Viertels gefährdet.
Im März 2016 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die Umbenennung der Deutschlands Kolonialbegründer ehrenden Lüderitzstraße, des Nachtigalplatzes und der Petersallee im sogenannten Afrikanischen Viertel. In der Umsetzung des Beschlusses, der auch in der Vereinbarung des Bezirksamtes festgehalten ist, hat das Bezirksamt nun noch eine rechtliche Prüfung der Umbenennung der Petersallee in Auftrag gegeben. Die Straße wurde im Zuge der NS-Kriegspropaganda 1939 nach dem berüchtigten Kolonialverbrecher Carl Peters benannt und nach Kritik an dessen Ehrung bereits 1986 auf den CDU-Politiker Hans Peters „umgewidmet“. Das Bezirksamt stellt fest, dass „diese Änderung vor Ort nicht nachvollziehbar sei“. Auch Schwarze, afrikanische und entwicklungspolitische Vereine haben dies in der Vergangenheit immer wieder betont und statt des historischen „Etikettenschwindels“ eine konsequente Umbenennung der Allee in Würdigung des afrikanischen Widerstands gefordert.
„Warum die Umbenennung der Petersallee nun erst rechtlich geprüft wird, obwohl der Bezirk Mitte sie bereits vor einem Jahr beschlossen hat, können wir nicht nachvollziehen“, kritisiert Tahir Della vom Bündnis „Decolonize Berlin“. „Durch diesen vorauseilenden Gehorsam wird die konsequente Dekolonisierung des ‚Afrikanischen Viertels‘ gefährdet. Es steht außer Frage, dass die Petersallee immer noch mit dem Kolonialverbrecher Carl Peters in Verbindung gebracht wird. Gerade jetzt, wo auch Deutschlands Kolonialverbrechen in der Weltöffentlichkeit diskutiert werden, müssen deutsche Kommunen ein Zeichen setzen und die Glorifizierung sogenannter Kolonialpioniere im öffentlichen Raum beenden.“
Dem Beschluss vom Mai 2016 war eine mehr als ca. zehnjährige Diskussion mit Schwarzen, afrikanischen und entwicklungspolitischen Vereinen sowie Anwohner_innen vorausgegangen. Die Vereine kritisierten die weitere Ehrung von Personen, die den deutschen Kolonialismus maßgeblich vorangetrieben und sich im Falle von Carl Peters sogar persönlich der Ermordung von Afrikaner_innen schuldig gemacht haben. Peters wurde aufgrund seiner Brutalität auch „Hängepeters“ und mkono wa damu (Blutige Hand) genannt. Er etablierte durch Betrug und Gewalt die Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ und errichtete als Reichskommissar im Kilimandjarogebiet eine Terrorherrschaft. Unter Historiker_innen gilt er als einer der berüchtigsten deutschen Kolonialisten. Daher haben seit 1947 bereits 19 deutsche Städte die ihn ehrenden Straßen umbenannt, darunter Bonn (1996), München (2000) und zuletzt Ludwigsburg (2015).