Die Wiedergeburt Afrikas

Die Wiedergeburt Afrikas

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Gehört das Christentum zu Afrika? Eine geradezu aberwitzige Frage, wenn man bedenkt, dass es auf dem Kontinent um die 3.000 verschiedene Ethnien in etwa 50 Ländern gibt, und somit auch eine unübersichtliche Anzahl von Religionen und Abspaltungen der Christen; es wird von etwa 10.000 verschiedenen Kirchen ausgegangen. Neben einigen Naturreligionen haben sich aber vor allem der Islam im Norden und Westen Afrikas und das Christentum im zentralen und südlichen Afrika durchgesetzt. Insbesondere das Christentum hat sich dynamisch den Lebensbedingungen der Menschen angepasst und hat somit nicht mehr viel mit dem Christentum zu tun, das in Europa gelehrt und gelebt wird. Gottesdienste in Tansania sind beispielsweise nicht mehr mit denen in Mitteleuropa auf eine Linie zu bringen. Viel aufgebrachter, lauter und lebendiger ist die dortige Ausübung des Glaubens.

 

Es gibt einen unübersichtlichen Pool an christlichen Konfessionen. Neben der katholischen Kirche (ca. 40% der Bevölkerung von SSA), den Lutheranern und den Anglikanern existieren unzählige Kleinkirchen, viele von ihnen mit afrikanischer Prägung – etwa die Kibangisten im Kongo. Dann gibt es natürlich die Evangelikalen, die ähnlich wie in Lateinamerika großen Erfolg bei der Missionierung haben. Die traditionellen kirchlichen Konfessionen stehen gegenüber den „Neuen“ vor großen Herausforderungen: Ihnen laufen die Mitglieder davon.

 

Besonders die evangelikalen Pfingstkirchen gewinnen weiter an Bedeutung in afrikanischen Staaten. Aus konservativen Kreisen der USA werden begabte Prediger in Afrika finanziert um ihnen den Absprung aus der Unbekanntheit zu erleichtern. 

 

So sprießen ständig neue christliche Pfingstbewegungen aus dem Boden, der sich nach geistiger Erlösung sehnt. Die Gottesdienste dieser Kirchengründer und Prediger sind gezeichnet durch Massenveranstaltungen, die dem Bedürfnis nach lebendiger Musik und spirituellem Gefühl nachkommen. Sie gleichen eher einer schrillen Popveranstaltung als einer andächtigen Einkehr, alles ist bunt, laut und schnell. Im Vergleich zu herkömmlichen christlichen Kirchen, spielt hier der Heilige Geist eine übergeordnete Rolle. Durch ihn werden auch Wunderheilung und Weissagung erklärt, ja sogar  normalisiert.

 

Christopher Mwakasege ist so ein Wanderprediger, der durch Wunderkraft heilt und die Zukunft deutet. Er zieht mit seiner Zeltstadt durch Tansania, baut diese in großen Städten auf und füllt sie mit tausenden Menschen. Er behauptet die Heilung von Aidskranken vollbringen zu können und macht Blinde scheinbar wieder sehend, Lahme könnten nach seinen Segnungen wieder laufen. Er sei von Gott geleitet und bekomme seine Aufgaben direkt von ihm. Die Massen jubeln ihm deshalb zu und werfen gerne den letzten Schilling in den privaten Klingelbeutel von Mwakasege um Segen und Erlösung zu erhalten.

 

Auch der deutsche Reinhard Bonnke gehört in die Reihen der charismatischen Prediger. 1974 gründete er das Missionswerk „Christus for all Nations“ und ist seither auf dem afrikanischen Kontinent, aber auch in Westeuropa, am Missionieren. Nach eigenen Angaben haben bisher 120 Millionen Menschen seine Predigten besucht und zu seiner größten Einzelveranstaltung in Lagos seien im Jahr 2000 sogar 1,6 Millionen Menschen erschienen. 

 

Seine Anhänger feiern Bonnke als Propheten und Gesandten Gottes. Durch seine Visionen von Afrika als „Leuchtfeuer der Welt“, werden die oft vorhandenen Selbstzweifel in Afrika hinweggefegt; Bonnkes Losung: „Ein von Jesu Blut reingewaschenes Afrika “.

 

Kritiker, zu denen die etablierten Kirchen Europas gehören, werfen ihm dagegen vor, die Unwissenheit vieler Bevölkerungsschichten auszunutzen und dabei religiöse Konflikte zu schüren, wie die zwischen Muslimen und Christen in Nigeria. Aber auch Wunderheilungen, Austreibungen von bösen Geistern, Verbrennungen von Amuletten und Kampfgebete bleiben ihnen unheimlich. Die faszinierende Macht, die von diesen Ritualen ausströmt, ist für viele Menschen anziehend. 

 

Denn nicht nur in Afrika stößt Bonnke auf große Aufmerksamkeit. Auch in Europa und in den USA wurde die Aussage stark diskutiert, er hätte durch Gottes Hilfe einen Verstorbenen zurück ins Leben geholt. In einem Film dokumentiert er angeblich die Durchführung der Totenerweckung. Er erntete dafür aus Deutschland vom Pastor einer freien evangelischen Bewegung Helmut Weidemann nur Hohn: Es werde behauptet, „hier geschähen Heilungen, wo absolut keine sind.“ 

 

Ein zunehmender Glaube an Geister und Dämonen ist in vielen Teilen im subsaharischen Afrika zu verzeichnen. Wohlstand, Glück und finanzielle Unabhängigkeit werden als Folge des eigenen Glaubens gesehen. Diese neuen Glaubensrichtungen sind durch die Vermischung der alten Naturreligionen mit dem importierten Christentum zu erklären.

 

Mit den afrikanischen Einwanderern nach Europa kamen auch afrikanische Kirchen in den Norden und fanden erste Gemeinden. In Deutschland wurde die erste afrikanische Kirche aber erst 1974 in München gegründet. Durch die großen Flüchtlingsströme in den 1980ern und 1990ern und einer Zunahme der Migration, stiegen auch die Mitgliederzahlen in den afrikanischen Kirchen in Deutschland an. Alleine in Berlin gibt es inzwischen rund 100 verschiedene afrikanische Gemeinden. Für viele Migranten sind diese Kirchen mit afrikanischen Wurzeln eine Stütze und ein Halt in der anfangs fremden Umgebung, für deutsche Städte bedeuten sie aber eine bunte Vielfalt. 

 

Albert Hahn

 

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