Eigennützige Wohltäter?
War das Ziel der französischen Operation „Serval“ tatsächlich, die Integrität Malis sicherzustellen? Der senegalesische Denker und Schrifsteller Boubacar Boris Diop hat in einer Veranstaltung der Humboldt Universität am 6. November 2014 die Interventionen Frankreichs in Mali diskutiert und sein Buch „Der Ruhm der Hochstapler“ vorgestellt.
Am Abend des 6. November trafen sich Afrika-Interessierte mit dem senegalesischen Schriftsteller Boubacar Boris Diop, um über das Thema „Warum sich der Krieg lohnt – Über die neo-imperialen Militärinterventionen des Westens in Afrika“ zu diskutieren. Organisiert wurde die Veranstaltung von AfricAvenir International e. V. gemeinsam mit dem Seminar für Asien- und Afrikawissenschaften und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Frankreich hatte Anfang 2012 Streitkräfte zur Unterstützung des malischen Militärs entsendet. Diese sollten sie im Kampf gegen militante Islamisten der Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad (dem nördlichen Teil des westafrikanischen Staates Mali) unterstützen. Die Intervention wurde von beiden Nationen und der UN durchweg positiv aufgefasst. Selbst linke Intellektuelle, die sich sonst gegen neo-imperiale Einsätze der ehemaligen Kolonialmächte einsetzen, sahen das Eingreifen Frankreichs positiv, sagt Diop. Dies habe ihn veranlasst, einen kritischen Blick auf die Vorgänge zu werfen und diese in Form eines Briefwechsels mit der malischen Globalisierungskritikerin Aminata Traoré zu veröffentlichen. Besonders wichtig war es ihm, der Jugend die Geschichte des Landes mit Frankreich ins Gedächtnis zu rufen.
Laut Diop verweigert Frankreich eine komplette Dekolonialisierung. Seit 1960 gab es fast 50 französische Militärinterventionen in afrikanischen Ländern. Von Großbritannien dagegen – ebenfalls ehemalige Kolonialmacht . gab es keine einzige. Präsident Hollande sehe Mali nicht als souveränen Staat, dessen Integrität es zu schützen gilt, sondern vertrete lediglich die wirtschaftlichen Interessen Frankreichs. Die Situation Malis habe sich durch die Interventionen noch verschlechtert und heute sei Mali ein gespaltenes Land. Boubacar Boris Diop erklärte, dass seine Ideen und die von Aminata Traoré in Mali nicht akzeptiert wurden. Durch die neue Situation in Burkina Faso und das Erscheinen seines Buches haben die Leute jetzt mehr Verständnis für ihre Ideen und sehen den negativen Einfluss von Frankreich in Afrika.
Das Publikum war besonders interessiert an einer Einschätzung der Ereignisse in anderen afrikanischen Ländern wie Libyen, Tunesien oder aktuell Burkina Faso. Der Schriftsteller lebte zur Zeit des Arabischen Frühlings in Tunesien und konnte die Ereignisse daher aus erster Hand erzählen. Viele seiner Landsleute hatten damals mit einer „Kontamination nach Süden“ gerechnet, die leider, so Diop, bis jetzt ausblieb. Mit den jüngsten Entwicklungen in Burkina Faso sei aber neue Hoffnung entstanden und der Autor beendete den Abend mit einem positiven Blick in die Zukunft. „Es ist noch ein langer Weg, aber den Grundstein haben wir gelegt.“
Katrin Steck
Stéphanie Tiekwe Kuimo