Erste Schritte gegen die anhaltende Gesundheitskrise in Südafrika
Vom 18. bis 19. Oktober 2018 fand in Gauteng der erste Gesundheitsgipfel seit Ende der Apartheid statt.
Bekanntlich schert die Einkommensverteilung in Südafrika weit auseinander. Dies spiegelt sich auch im zweigliedrigem Gesundheitssystem wieder, bestehend aus einem öffentlichen und einem privaten Sektor. Eine Art „Zwei-Klassen-Medizin“, die ursprünglich als rassistische Separation während des Apartheid-Regimes eingeführt wurde. Heute trennt sie finanziell starke von finanziell schwachen Südafrikaner_innen. Ein kleines Beispiel: 2017 waren achzig Prozent der behandelnen Ärzt_innen für 16 Prozent der Patient_innen zuständig. Diese ungleiche Verteilung soll nun aktiv aufgehoben werden, auch durch eine staatliche Krankenversicherung.
Vom 18. bis 19. Oktober 2018 lud die Regierung nun zu einer ganz besonderen Versammlung nach Boksburg (nahe Johannesburg) ein: der erste Gesundheitsgipfel, seitdem Südafrika eine Demokratie ist. Auf der zweitägigen Konferenz versammelten sich zahlreiche Schlüsselakteur_innen aus Medizin und Pflege, als auch aus der Regierung, der Zivilgesellschaft und unterschiedlichen Organisationen. Ihnen wurde im Vorfeld ein Katalog mit den dringend anzugehenden Problemen und Analysen zur Gesundheitskrise zugeschickt. Für den Kollaps des Gesundheitssystems wurden schlechte Führung, unausreichendes Engagement von Seiten der Regierung und miserables Management verantwortlich gemacht. Zusätzlich spielten laut Regierung besonders Korruption, inadäquate Finanzplanung, und fehlendes ausgebildetes Personal eine Rolle. Aus den Reihen der Medizinlobby, priver Ärzt_innen und Unternehmen war darüber hinaus vielfach Widerstand gekommen. Diese vertreten bisher die Ansicht, dass eine universelle Gesundheitsversorgung die medizinischen Standards senkt und Krankenhäuser zum Überlaufen bringt.
Ziel des Gipfels war die Erarbeitung konkreter Lösungsansätze für die vielschichtigen Herausforderungen, mit denen sich der südafrikanische Gesundheits- und Pflegesektor konfrontiert sieht. Der Vizepräsident des African National Congress, David Mabuza, verwies darauf, dass die bestehenden Probleme zuerst behoben werden müssten, bevor eine staatliche Krankenversicherung für alle eingeführt werden könne. Die Deligierten teilten sich in unterschiedliche Kommissionen auf, die jeweils mit der Planung und Gestaltung bestimmter Thematiken beauftragt wurden – von Finanz- über Human Resource Management bis hin zum Ausbau der Infrastruktur. Vorschläge und Ideen, die während der Diskussionen aufkamen, sollen nun die Basis für weitere Verhandlungen, einen strategischen Plan und ein Abkommen bilden. Die Beschlüsse sollen am zehnten Dezember veröffentlicht werden und die Grundlage für die geplante Versicherung legen.
Aktivist_innen äußerten sich bezüglich des Gipfels eher reserviert und sagten, dass abzuwarten bliebe, inwiefern die Empfehlungen der Kommissionen implementiert werden. Mark Heywood, Leiter der Organisation Section 72 und Teil des Progessive Health Forum, einer Gruppe an Doktor_innen und Aktivist_innen, schlussfolgerte nach dem Gipfel: „There were many good insights and suggestions, but of course, the big question is how all of this will be reflected in the conference declaration” (Es gab viele gute Einblicke und Vorschläge, aber es bleibt natürlich die große Frage, wie sich all das in der Konferenzdeklaration widerspiegelt).
Annabella Backes