Empowerndes Festival – Fotografinnen im Fokus
Vom 27. Oktober bis 15. November stellten verschiedene Künstler*innen dieses Jahr wieder ihre Werke auf dem Fotofestival in Lagos aus. Organisiert von LagosPhoto und gefördert durch die African Artist Foundation, bereichert dieses Event den öffentlichen Raum von Lagos.
Die erste und einzige internationale Fotofestival-Reihe Westafrikas fand dieses Jahr zum neunten Mal statt. Bei dem Festival stellten 22 verschiedene Künstler*innen aus 18 verschiedenen Ländern aus. Das Festival stand dieses Jahr unter dem Motto Zeit; „Time has gone“ lautete der Titel. In ihren Werken befassten sich die Künstler*innen mit Konfigurationen aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Fotografie wird hier zum Mittel, die Komplexität von Zeit darzustellen. Dabei kann es um Vergangenheit und Nostalgie gehen, aber auch die moderne, kraftvolle Zukunft Afrikas. Das Festival wurde dieses Jahr von den vier Kurator*innen Wunika Mukan, Charlotte Langhorst, Valentine Umansky und Eva Barois De Caevel konzipiert. Neben den verschiedenen Ausstellungen gibt es auch Workshops, Diskussionen um afrikanische Fotografie und Diversität, Künstler*innengespräche und eine sogenannte Portfolio Review, bei der aufstrebende Talente ihre Arbeit einer Jury präsentieren. Organisiert und prämiert wurde diese von National Geographics. Gewinnerin war dieses Jahr die Nigerianerin Etinosa Osayimwen. Ihr Fotoprojekt dokumentiert Strategien und Lebensrealitäten von Menschen, die mit Krieg und Terrorismus konfrontiert waren. Unter dem Titel „Es ist alles in meinem Kopf“ veröffentlicht sie Portraits und damit verbundene Geschichten, in denen Überlebende schildern, wie sie es schaffen, ihr Leben wiederaufzubauen und neu auszurichten.
Im Großen und Ganzen geht es vor allem darum, die Vielfältigkeit afrikanischer Künstler*innen sichtbarzumachen – und den Fokus von dem vielverbreiteten Narrativ eines armen Afrikas zu wegrücken. Dabei spielt das Foto als Medium eine tragende Rolle. Afrikanische Fotograf*innen erzählen durch Fotos ihre eigenen Geschichten. Dabei werden verschiedenste Themen bearbeitet und präsentiert. Es geht unter anderem um Perspektiven auf Krieg und Religion, dekoloniale Perspektiven auf die Repräsentation ehtnischer Gruppen, die Repräsentation des weiblichen Körpers, zeitgenössische Mode und das High-Society-Leben afrikanischer Großstädte.
Ein besonderer Fokus lag dieses Jahr auch auf dem Empowerment von Frauen. Die Fotobranche ist, wie viele andere Ebenen verschiedenster Gesellschaften weltweit, stark männlich dominiert. Das hängt unter anderem mit einem besseren Zugang zu Bildungsmöglichkeiten für Männer zusammen. Normalerweise stellen auch beim LagosPhoto Festival um die 80 Prozent Männer und nur 20 Prozent Frauen aus. Dieses Jahr änderte sich jedoch: Rund 75 Prozent der Künstler*innen waren weiblich. Auch gab es spezielle Workshops für angehende Fotograf*innen. Frauen sollten dieses Jahr bewusst einen Raum erhalten, sich auszudrücken und so sichtbarer werden.
Eine dieser Künstlerinnen ist die Südafrikanerin Mary Sibande. In ihrer Fotoserie „Lang lebe die tote Königin“ verbildlicht sie anhand des fiktiven Charakters der Hausfrau „Sophie“ weibliche Stereotype und Stigmatisierungen im postkolonialen Südafrika. Durch die Darstellung „Sophies“ in unterschiedlichen Outfits werden von der Gesellschaft auferlegte Normen, aber auch eigene Identitäten und Wünsche veranschaulicht und hinterfragt. Dabei konzentriert sich Sibande insbesondere auf Schwarze Frauen, die im südafrikanischen Kontext besonders marginalisiert sind.
Heinrike Grumpelt