Frischer Wind statt verstaubter Bücher: Der Siegeszug des Tablets in Ghanas Kirchen
Vereinfacht eine Bibel-App auf dem Tablet das Praktizieren des Glaubens? Oder ist die Digitalisierung der Heiligen Schrift vielleicht sogar gottlos? Die Gemüter in Ghanas Kirchen sind gespalten.
Die gedruckten Bibeln, die teilweise von Generation zu Generation weitervererbt wurden, haben in Ghana ausgedient. Stattdessen sind nun immer häufiger Gläubige, die Bibelpassagen vom Tablet ablesen, an der Tagesordnung. Ein besonders passionierter Verfechter des neuen Trends ist Emmanuel George. Der Christ bringt seinem Tablet eine beinahe ebenso starke religiöse Verehrung entgegen wie seinem Glauben: Ist das Gerät kaputt, sieht er sich außerstande, den Gottesdienst zu besuchen. „Ich finde es wirklich unpraktisch, eine gedruckte Bibel in der Hand zu halten“, erklärt er sein Verhalten. Isaac Mensah, Mitglied der Central Gospel Church, teilt diese Ansicht und fügt hinzu: „Die Ära der gedruckten Bibel ist aus und vorbei. Daher werde ich die Menschen, insbesondere die Jugendlichen, ermuntern, ihre Tablets während des Gottesdienstes zu benutzen. Damit ist man flexibler.“
Aber es gibt auch vehemente Kritiker. So befürchten fundamentalistische Christen, die Bibel für das Tablet würde mit einem Verlust ihres spirituellen Wertes einhergehen. Sie vertreten die Ansicht, die Digitalisierung sei ein Verfahren, dass der Bibel als heiliger Schrift nicht gerecht würde. William Addo, Pastor einer ghanaischen Gemeinde bekräftigt: „Die Bibel auf Tablets zu laden ist gottlos und sollte strengstens verurteilt werden.“
Derek Barnabas Laryea, ist Forschungs- und Kommunikationsmanager der ghanaischen Handelskammer für Telekommunikation. Er stellt fest, dass die allgemeine Tendenz stark Richtung Tablet geht. Es sei einfach praktischer, bequemer und vor allem modischer, was besonders die Jugend ansprechen würde – eine Aussage, die sich auch mit den Ergebnissen einer Umfrage, die die CAJ News Ghana in Auftrag gegeben hat, deckt. Er spricht sich außerdem dafür aus, erschwinglichere Tablets für die Massen herzustellen. Momentan sind Ober- und Mittelschicht die Hauptnutzer. Die Expertin für Telekommunikation, Boadiwaa Delanyo Donkor, schlägt eine Zusammenarbeit von Telekommunikationsunternehmen und Tablet-Herstellern vor, um preisgünstigere Geräte auf den Markt bringen zu können.
Unabhängig von der Diskussion darüber, welches Bibelformat am besten dazu geeignet wäre, seinen Glauben zu praktizieren, haben sich in Amerika Geistliche, die die Kanzel mit dem Tablet in der Hand besteigen, längst durchgesetzt. Bis es in Ghana ebenfalls soweit sei, würde es allerdings aufgrund der Kosten noch eine Weile dauern, schätzt Derek Barnabas Laryea.
Judith Barth