Im Mai wird in Madagaskar ein neuer Präsident gewählt
Etwa vier Jahre nach dem Militärputsch finden am 8. Mai 2013 in Madagaskar endlich wieder freie und von der internationalen Staatengemeinschaft überwachte Präsidentschaftswahlen statt. Die Wahlen wurden bereits mehrere Male verschoben. Bisher wird das Land seit dem Umsturz im Jahre 2009 von einer Übergangsregierung unter dem international nicht anerkannten Präsidenten Andry Rajoelina (34) geführt. Rajoelina war von Dezember 2007 bis Februar 2009 Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo. Im März 2009 stürzte er, mit Hilfe seiner Oppositionsbewegung und der Sicherheitskräfte die Regierung von Marc Ravalomanana, der wenig später des Landes verwiesen wurde. Dem Regierungssturz waren wochenlange Demonstrationen der madagassischen Bevölkerung mit mindestens 135 Todesopfern vorausgegangen. Rajoelina warf dem Präsidenten autokratische Regierungsführung und fehlendes Engagement zur Verbesserung der Lebensbedingungen im Lande vor. Daraufhin bemühten sich internationale Vermittler darum, dass Land auf einen demokratischen Kurs zurückzuführen. Eine parteiübergreifende Übergangsregierung kam jedoch nicht zustande. Seitdem ist Madagaskar international isoliert. Die Mitgliedschaft in der Afrikanischen Union und der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) ruht, die USA verhängten Wirtschaftssanktionen. Vor allem Letzteres trug zu einem totalen Zusammenbruch der Textilindustrie und einer bis heute anhaltenden Krise in dem ohnehin sehr armen Land bei. Der Inselstaat ist politisch, wirtschaftlich, sozial und auch entwicklungspolitisch gelähmt – mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung.
Intensive Verhandlungen unter Leitung der SACD brachten ab Anfang 2011 Fortschritte. Eine Mehrzahl der politischen Bewegungen im Land unterzeichneten einen Plan zur Beendigung der Krise. Der Plan zeigt den Weg zu freien und fairen Wahlen und damit zu einer demokratischen legitimierten Regierung. Andry Rajoelina wurde in der neuen Verfassung vom 17. September 2011 offiziell zum Übergangspräsidenten bis zu den nächsten Wahlen ernannt. Ursprünglich war von Verhandlungen zwischen Rajoelina und dem entmachteten ehemaligen Staatschef Marc Ravalomanana auf den Seychellen die Rede, wonach dieser aus dem Exil in Südafrika zurückkehren könne und bei den Wahlen in Madagaskar antreten dürfe. Später gaben jedoch sowohl Rajoelina als auch Ravalomanana an, bei den Präsidentschaftswahlen 2013 nicht antreten zu wollen. Es bleibt daher abzuwarten, welche Kandidaten bei der Wahl antreten werden. Mit dem Verzicht Rajoelinas und Ravalomananas soll die madagassische Politik von der persönlichen Rivalität zwischen beiden Politikern befreit werden. Im Gegenzug erklärte sich die EU zur Finanzierung der etwa 70 Millionen Dollar teuren Wahl bereit. Gleichzeitig würde Madagaskar wieder in in die internationale Staatengemeinschaft aufgenommen werden.
Das ist zunächst für Madagaskar uneingeschränkt positiv zu betrachten. Die politische Krise ist damit aber nach wie vor nicht beigelegt. Und eine soziale Katastrophe ist nicht unwahrscheinlich – der Uno zufolge leben 76,5 Prozent der Madagassinnen und Madagassen unterhalb der Armutsgrenze.
Die Wahlen im Mai 2013 sind somit ein Hoffnungsschimmer. Nicht nur für Madagaskar, sondern „für alle Länder des südlichen und östlichen Afrikas sowie der Region des Indischen Ozeans“, betonte James Michel, Präsident der Seychellen. Ein neuer gewählter Präsident am 8.Mai könnte einen politischen und wirtschaftlichen Umschwung für die knapp 22 Millionen Madagassinnen und Madagassen bedeuten und die soziale Misere zumindest ein wenig abschwächen.
Fabian Kiessling