Komoren: Auf dem Weg in die Diktatur?
Die strategisch wichtigen Komoren scheinen sich auf dem Weg in eine Diktatur zu befinden. So baut Präsident Azali Assoumanin kontinuierlich seine Macht aus und hebt dadurch die formell gegebene Gewaltenteilung aus. Die jetztigen Parlamentswahlen könnten diesen Prozess beschleunigen.
Auf den Komoren wurde am 16. Februar 2025 die zweite Runde der Parlamentswahl abgehalten, bei der über die letzten beiden Sitze in der Unionsversammlung entschieden wurde. Im ersten Wahlgang Mitte Januar hatte die Regierungspartei „Convention pour le Renouveau des Comores“ (CRC) 28 Sitze gewonnen. Die Opposition errang demgegenüber nur drei Mandate. Damit verfügt die Regierung im Parlament über eine erdrückende Mehrheit.
Gewählt wurde direkt: Erhielt ein Kandidat in seinem Wahlkreis im ersten Durchgang die absolute Mehrheit, zog er ins Parlament ein. Ansonsten ging es in die Stichwahl. Angetreten waren 100 Kandidat*innen, aus denen rund 340.000 Wahlberechtigte 33 Mandatsträger*innen aussuchen konnten. Allerdings scheint der Wahlprozess alles andere als frei und fair gewesen zu sein. Das Oppositionsbündnis bemängelte zahlreiche Unregelmäßigkeiten: So seien die Urnen manipuliert und Wähler eingeschüchtert worden. Wahlzettel waren zu spät eingetroffen und es fehlten internationale Beobachter, etwa aus der Afrikanischen Union oder der EU. Aufgrund dieser Mängel zog sich ein großer Teil der Opposition von der zweiten Runde der Parlamentswahl zurück.
Die „Union der Komoren“ ist eine lockere Föderation der drei Hauptinseln Grande Comore, Anjouan und Mohéli. In ihrer heutigen Form entstand sie 2001. Ebenso wie die zu Frankreich gehörende Insel Mayotte liegen die Inseln am nördlichen Ausgang jener Meeresenge, die Madagaskar vom afrikanischen Festland trennt. Damit bilden sie ein strategisch wichtiges Glied in einer Kette entlang der von Europa über das Kap der Guten Hoffnung nach Asien führenden Seehandelsrouten. Tatsächlich verfügt Frankreich noch heute auf Mayotte über Militärbasen. Auf den Komoren selbst kann ein Präsident seit 2018 unanhängig von seiner Herkunft zweimal ins Amt gewählt werden, wobei eine Legislaturperiode fünf Jahre dauert. Zuvor wechselte das Präsidentenamt alle paar Jahre zwischen den drei Hauptinseln. Die Macht des Präsidenten ist, direkt vom Volk gewählt, recht umfangreich, denn er ist sowohl Staats- als auch Regierungschef. Die Gesetzgebungskompetenz liegt formell bei der Unionsversammlung. Der Oberste Gerichtshof ist die höchste juristische Instanz, laut Auswärtigem Amt in Berlin aber nicht unabhängig. Auch die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gilt auf den Komoren derzeit als eingeschränkt.

Aktueller Präsident ist Azali Assoumanin, der an der Entstehung des heutigen Staates maßgeblichen Anteil hatte. Nun wirft ihm die Opposition vor, einen autoritären Staat errichten zu wollen, um die politische Macht im Land in seiner Familie zu halten. In der Tat baut Assoumanin seinen Sohn Nour El Fath Azali zum Nachfolger aus, der ihn offenbar nach dem Ablauf der aktuellen Amtszeit 2029 beerben soll. Der Sohn ist schon jetzt faktischer Regierungschef. Der Oberste Gerichtshof, der über die Zulassung von Kandidaten für die Wahlen entscheidet, ist zudem überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich, aus Verbündeten Assoumanins zusammengesetzt. Dadurch ist die Gewaltenteilung auf den Komoren praktisch außer Kraft gesetzt. Nun gilt auch noch ein Gesetz, das Parteien ohne eine ausreichende Zahl an Parlamentssitzen mit der Auflösung bedroht. Dies kann nach der jetzigen Parlamentswahl dazu führen, dass die Opposition gänzlich ausgeschaltet wird.
Dagegen regt sich auf den Komoren aber Widerstand, denn viele Bürger wollen nicht weiter unter der Familie Assoumanin leben. Die Wiederwahl des Präsidenten 2024 war entsprechend von heftigen Demonstrationen begleitet. Um die Unzufriedenheit aufzufangen, wurde 2022 ein Dialog zwischen der Regierung und der Opposition eingeleitet. Nachdem dieser eine gewisse Annäherung gebracht hatte, versandete der Prozess aber augenscheinlich. Denn bei der Parlamentswahl 2025 erwog die Opposition einen Boykott, wobei sie aber nicht geschlossen agierte.
Eine Frage wird sein, wie sich die beiden außenpolitischen Hauptverbündeten der Komoren, Frankreich und Südafrika, zur offenkundigen Aushöhlung der Demokratie verhalten. Denkbar wäre, dass sie sich mit Kritik an Assoumanin zurückhalten, um ihre geostrategischen Interessen in der Straße von Madagaskar nicht zu gefährden.
Aleksandar Abramović