Mehr Chancengleichheit im deutschen Bildungswesen?
Am Donnerstag hat das Bundeskabinett Neuerungen im Gesetzesentwurf zur Bundesausbildungsförderung verabschiedet. Nun soll besonders für Stundent_innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft für mehr Chancengleichheit gesorgt werden.
Vergangenen Donnerstag veröffentlichte die Bundesregierung die, für die kommenden Jahre relevanten, Neuerungen im Gesetzesentwurf zur Bundesausbildungsförderung (BAföG). Diese sollen für mehr Chancengleichheit unter Schüler_innen, Auszubildenden und Studierenden sorgen. Faktisch ändert sich in Zukunft Folgendes: Ab 2015 werden die Kosten für das BAföG vom Bund und nicht mehr von den Ländern getragen. Weiterhin sollen, so die Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die Förderbeträge in den Jahren 2016 und 2017 um sieben Prozent steigen. Ziel ist es, 2016 zusätzlich 110.000 Schüler_innen und Student_innen durch Ausbildungsförderung zu unterstützen.
Besonders für Schüler_innen, Auszubildende und Studierende mit sogenannter „humanitärer Aufenthaltserlaubnis“ soll sich nun einiges ändern: Bisher hieß es in den meisten Fällen warten: Vier Jahre, ehe sie die Möglichkeit hatten, eine Ausbildungsförderung zu beantragen. Viele junge Menschen waren somit darauf angewiesen, über einen langen Zeitraum Sozialleistungen zu beziehen oder sich, ohne Ausbildung, durch schlecht bezahlte Jobs über Wasser zu halten. SPD und CDU haben sich nun geeinigt; die Wartezeit soll in Zukunft auf 15 Monate herabgesetzt werden.
Aydan Özoğuz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (SPD) ist mit dem Beschluss sehr zufrieden: Deutschland sei damit auf einem guten Weg, mehr Chancengleichheit im Bildungssystem zu erreichen.
Doch wie viele Chancen ergeben sich nun tatsächlich aus den Neuerungen? Und sind die Änderungen, wie kritische Stimmen behaupten, nicht schon längst überfällige Maßnahmen?
Dies ist wohl anzunehmen, denn Erhöhungen sollten regelmäßig stattfinden, um zu große Inflationen zu vermeiden. Laut dem Statistischem Bundesamt kam es seit 2010 zu einer Inflation von 6,8 Prozent; auch deshalb drängen die Grünen auf eine sofortige Umsetzung der Beschlüsse. Kritische Stimmen bemängeln angesichts dieser Tatsache auch, dass die vermeintliche Erhöhung um besagte 7 Prozent gerade mal einen Ausgleich bilde. Die Abschaffung der vierjährigen Wartezeit ist ebenfalls längst fällig! Schließlich gelingt es gerade jungen Menschen sehr schnell, Deutsch zu lernen und sich auf eine entsprechende Ausbildung vorzubereiten. Die bisher zu durchlaufende Warteschleife, so auch Aydan Özoğuz, habe bereits vielen jungen Menschen die Chance auf eine Berufsqualifizierung erschwert, wenn nicht sogar versperrt.
Weiterhin gilt aber wie bisher: Um BAföG in Anspruch nehmen zu können, muss der/die Antragsteller_in die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen oder aber über einen humanitären Aufenthaltsstatus verfügen; sprich, deren Asylantrag muss bereits bewilligt worden sein.
2014 wurden in Deutschland bisher rund 97.000 Asylanträge entgegen genommen. Nach Syrien ist das verbreiteste Herkunftsland der Antragsteller_innen Eritrea. Knapp 19.000 von 70.000 Asylbewerber_innen wurde ein Schutzstatus zugesprochen. Auch wenn die Schutzquote höher ist als im vergangen Jahr, so sprechen die Zahlen für sich: Weiterhin warten viele Menschen, auch aus Afrika, auf Bewilligung ihrer Anträge. Viele von ihnen verbringen ihre Zeit in Flüchtlingsunterkünften, wo sie keinen Anspruch auf Bildung oder Ausbildung haben. Von einer Abschaffung der Warteschleife kann somit wohl erstmal nicht die Rede sein. Auch von einem wirklich chancengleichen Bildungswesen ist Deutschland wohl noch entfernt.