Nigerianische Zentralbank gibt Startschuss für den »eNaira«
Nach langer Vorbereitungszeit hat am Montag, den 25. Oktober, die Nigerianische Zentralbank (CBN) den eNaira eingeführt. Nigeria ist das erste Land in Afrika mit einer offiziell anerkannte digitale Währung und gehört damit zu den weltweiten Wegbereiterinnen dieser Finanztechnologie.
Es ist eine schlichte, informative Geste mit der Präsident Muhammadu Buhari im State House in Abuja vor die Presse tritt und einen möglichen Meilenstein in der digitalen Entwicklung einweiht. „That is it.“ kommentiert er augenzwinkernd, als ein Mitarbeiter ein großes Board in den Raum bringt, auf dem der virtuelle eNaira abgebildet ist. Es ist eine digitale Währung, die an der bereits bestehenden Währung Nigerias, dem Naira, gekoppelt ist. Sie wird von der Zentralbank ausgegeben und gilt komplimentär zum Naira als offizielles Zahlungsmittel.
Große Hoffnung sind in diese neue Technologie gesetzt. Sie soll zum neuen Standard für finanzielle Transaktionen werden und erheblich zum Wachstum der Volkswirtschaft beitragen. Per App und ohne Bankkonto lassen sich unkompliziert und sicher Geldbeträge überweisen und reibungslos wieder in Bargeld umtauschen. So sollen in Zukunft kleine Einkäufe, Überweisungen an Freunde und Verwandte bis hin zu Gehaltszahlungen mit dem eNaira problemlos digital tätigbar sein. Der eNaira wird von der CBN zusammen mit IBM entwickelt und basiert auf einer Blockchain-Technologie der Hyperledger Foundation. Sie ist, anders als etwa das private Bezahlsystem Bitcoin, keine Kryptowährung.
Erklärtes Ziel der nigerianischen Regierung ist es, mithilfe von eNaira die finanzielle Inklusion insbesondere in ländlichen Regionen zu fördern. Bisher haben Schätzungen zufolge fast 60 Millionen erwachsene Nigerianer*innen keinen Zugang zu konventionellen Bankgeschäften. Das Projekt richtet sich auch an die eCommerce-Branche, die hierdurch einfache Bezahlmodelle entwickeln können. Weiterhin sollen Geschäfte aus dem informellen Sektor in den formellen Sektor überführt werden und somit innerhalb der staatlichen Besteuerung fallen. Wesentlicher Anreiz dafür sind die minimierten Transaktionskosten, die bei Bezahlvorgängen mit eNaira anfallen, sowie die hohen Datenschutzbestimmungen. Anders als bei privaten Banken und Telekommunikationssystem gibt es bei eNaira keine Überweisungsgebühren und keine Erhebung persönlicher Daten. Die Nebenkosten des Bargeldgeschäftes, etwa durch Rundungsdifferenzen oder durch Transport und Sicherung, fallen ebenfalls weg.
Damit diese Ziele auch wirklich erreichbar werden, wendet die Finanzpublizistin Fadekemi Abiru im Interview mit der BBC ein, gibt es noch einige Hürden zu meistern. Sie warnt davor, dass die digitale Währung gleichzeitig zu finanziellen Exklusionen führen kann. Momentan ist die Währung etwa ausschließlich per App zugänglich. Sie benötigt deshalb ein Smartphone mit aktuellem Betriebssystem, was wiederum gerade die anvisierte Zielgruppe nicht hat. Weiterhin ist nach Ansicht von Abiru die bargeldlose Währung nur ein kleiner Schritt bei der finanziellen Inklusion. Oftmals mangele es stattdessen an dem Zugang zu Krediten, Anlagemöglichkeiten und Versicherungen. Hier bemerkt Abiru kritisch, dass die Zentralbank keine Zinsen auf eNaira-Konten zahlt. Es wird sich daher erst in den nächsten Jahren zeigen zu welchen Entwicklungen der eNaira befähigt und welche Vorteile sich realisieren.
Bargeldlose Bezahlmodelle gehören nicht zuletzt seit vielen Jahren berits zum Alltag von vielen Menschen in zahlreichen Regionen Afrikas. Das mobile Zahlungssystem M-Pesa bietet etwa bereits seit 2009 Überweisungen ohne Bankkonto an und gilt als eines der Aushängeschilder von sogenannten „leapfrog“-Technologien. Auch in Ghana forscht die Zentralbank an einer digitalen Währung, dem eCedi. Im kommenden Jahr sollen die ersten Modellprojekte damit starten. Weltweit gibt es derzeit ungeheuer viele Initiativen, die sich mit digitalen Währungen auseinandersetzen. Eines der ersten Institutionen, die ein solche Währung eingeführt hat, war in diesem Frühjahr die schwedische Zentralbank mit der sogenannten E-Krone.
Text: Martin Roggenbuck