Otjivero-Omitara: Dorf der Zukunft!

Otjivero-Omitara: Dorf der Zukunft!

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Namibia liegt ungefähr zehn bis elf Flugstunden von Berlin entfernt an der Westküste Afrikas. Ein kleines Projekt im Dorf Otjivero-Omitara, nicht weit weg von Windhoek, erregt seit 2008 Aufsehen. Zwei Jahre lang (2008 und 2009) erhielten alle 930 EinwohnerInnen unter 60 jeden Monat ein bedingungsloses Grundeinkommen von 100 Namibischen Dollar (NAD). Basic Income Grant heißt es dort, oder abgekürzt BIG. Sie bekommen es einfach so. Ohne Auflagen und ohne Gegenleistung. Umgerechnet sind das ca. 10 EUR. Nicht viel, aber dieser Unterschied von 100 NAD hat die Menschen, das Dorf verändert.

Namibia – ein reiches Land mit großer Armut

Namibia ist mehr als doppelt so groß wie Deutschland und hat etwas mehr als doppelt soviel EinwohnerInnen wie Köln. Von 1884 bis 1915 war es deutsche Kolonie. In dieser Zeit wurden die Völker der Herero, Nama und andere Gruppen getötet, vertrieben und unterdrückt. Im Anschluß an die Kolonialzeit wurde Namibia von Südafrika verwaltet bzw. besetzt und ist seit 1990 unabhängig. Kolonialzeit und Apartheid haben ihre Spuren hinterlassen: Namibia ist eines der reichsten Länder Afrikas, doch die Kluft zwischen Arm und Reich ist weltweit eine der größten.

Die Einführung eines Grundeinkommens ist die Idee einer Regierungskommission –

eine zivilgesellschaftliche Koalition setzt sie in einem Pilotprojekt in Otjivero-Omitara um

Eine namibische Regierungskommission schlägt 2002 ein steuerfinanziertes Grundeinkommen vor. Für alle, die noch nicht über 60 sind und keinen Anspruch auf die staatliche Rente von 370 NAD monatlich haben. Eine breite Koalition bildet sich Ende 2004, um die Idee zu verwirklichen: Kirchen, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Aids-Hilfe-Organisationen. Ziel ist es, zusammen mit der Regierung das BIG in Namibia einzuführen.

Die Regierung trifft keine Entscheidung. Die BIG-Koalition beschließt ein zweijähriges Pilotprojekt im Dorf Otjivero-Omitara. Damit soll die politische Debatte vorangebracht und die Auswirkungen sollen dokumentiert werden. 2008 und 2009 erhalten alle EinwohnerInnen unter 60 ein bedingungsloses Grundeinkommen von 100 ND. Der nationale Jugendrat schließt sich 2009 der Koalition an. Finanziell wird das Pilotprojekt von verschiedenen kirchlichen Organisationen und Kreisen, Institutionen, Aktionsgruppen, Einzelpersonen in Namibia und in anderen Ländern unterstützt.

Grundeinkommen in Namibia: Heute

Die Auswertungen des Projekts beschreiben große Fortschritte für die Menschen und für die Gemeinschaft. Die BIG-Koalition zieht darauf gestützt den Schluss: ein landesweites Grundeinkommen wird für die meisten Menschen in Namibia Armut und Arbeitslosigkeit verringern, unternehmerische Aktivitäten und Produktivität erhöhen, Bildung und Gesundheit verbessern. Sie stellen fest, dass Namibia die Ressourcen für ein landesweites Grundeinkommen hat. „Es ist nur eine Frage des politischen Willens.“

Diesen politischen Willen hat die Regierung in Namibia bisher nicht gezeigt. Sie hat im April 2010 ein landesweites Grundeinkommen abgelehnt. Die Gewerkschaften haben daraufhin die Koalition verlassen, sind aber im September 2010 wieder zurückgekehrt mit dem Ziel, dem strukturellen Wirtschaftswandel mehr Nachdruck zu verleihen.

Seit Auslaufen des Projektes Ende 2009 erhalten die vorherigen BezieherInnen ein Überbrückungsgeld von 80 NAD monatlich aus Spendengeldern.

 

Grundeinkommen – ein Thema für den „Süden“ und den „Norden“!

Das Grundeinkommen ist kein Akt der Wohltätigkeit, auch kein Programm, dass nur den Bedürftigen einer Gesellschaft zukommen soll. Die Idee des Grundeinkommens verzichtet auf alle Bedingungen und auf alle Sanktionen. Das Grundeinkommen soll jedem Menschen Sicherheit geben, seine Würde stärken, seine Abhängigkeiten verringern und die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, an der Gesellschaft teilzuhaben und mitzugestalten. Die Idee beschränkt sich auch nicht nur auf die Länder des „Südens“, sondern auch im „Norden“, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es zahlreiche Initiativen und Menschen, die sich für die Einführung eines Grundeinkommens engagieren. Noch ist kein Land so weit, dass es für seine Menschen insgesamt ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt hat. Und solange das so ist, setzen wir uns weiter für die Idee ein, in dem Land, in dem wir leben, freuen uns über Erfolge in kleinen Grundeinkommens-Projekten, lernen von Otjivero-Omitara, verbreiten die Erfahrungen, unterstützen das Dorf der Zukunft in Namibia, Quatinga Velho in Brasilien und alle anderen Ansätze zur Einführung eines Grundeinkommens, wo auch immer.

Foto-Ausstellung über das Projekt kommt nach Berlin

Die Bonner Initiative Grundeinkommen hat 2010 über das Pilotprojekt in Otjivero-Omitara und seine Auswirkungen eine Foto-Ausstellung erstellt. Diese wurde durch den Ausschuss für Internationales und Wissenschaft der Stadt Bonn gefördert. Seit Anfang des Jahres ist sie auf Wanderschaft. Nach Stationen u.a. in Hamburg, Bremen und Nürnberg ist sie vom 11.- 31. August in Berlin im Afrika-Medienzentrum / LoNam-Verlag zu sehen.

Eröffnung der Ausstellung am 11.8.2011, 18.30 Uhr.

Mit Infos und Diskussion über das Pilotprojekt Otjivero-Omitara und die Idee des Grundeinkommens. Weitere Einzelheiten erfahren Sie auf der Seite von LoNam (www.lonam.de).

Weitere Informationen:

www.bignam.org

www.grundeinkommen-bonn.de

www.archiv-grundeinkommen.de

 

Ulrich Buchholz, Bonn / Berlin (Bonner Initiative Grundeinkommen)

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