Südsudan: Erste eigene Gebärdensprache

Südsudan: Erste eigene Gebärdensprache

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Gebärdenwörterbuch ist Meilenstein für Hörgeschädigte im Südsudan.

Schulklasse im Südsudan nutzt Gebärdensprache / Foto: Licht für die Welt

Am Donnerstag wird in der südsudanesischen Hauptstadt Juba das erste nationale Gebärdensprachwörterbuch mit ersten grundlegenden einheitlichen Gebärden vorgestellt – ein wesentlicher Schritt in der Entwicklung und Anerkennung der nationalen Gebärdensprache. Das Wörterbuch enthält 200 Gebärden, die von Licht für die Welt in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Genderfragen, Kinder und Sozialhilfe im Südsudan sowie mit Experten der Universitäten Addis Abeba und Leiden und lokalen Behindertenverbänden in Form von Bildern aufgezeichnet wurden.

„Das Gebärdensprachwörterbuch ist ein Meilenstein für gehörlose und hörbehinderte Menschen im Südsudan, denn darin werden erstmals einheitliche Gebärden erfasst, mit denen landesweit kommuniziert werden kann“, erklärt Klaas Aikes, Projektkoordinator für Südsudan bei Licht für die Welt. Bisher verfügte der Südsudan über keine eigene konsolidierte Gebärdensprache. Zwar nutzten gehörlose und hörbehinderte Menschen eine Vielzahl an lokalen und regionalen Gebärden, mussten sich aber für offizielle Anlässe und um regionalübergreifend zu kommunizieren, einer Mischung aus ugandischen, sudanesischen und amerikanischen Gebärden bedienen. Diese sind jedoch nicht flächendeckend bekannt und entsprechen nicht der gängigen Kommunikationspraxis. Die neue einheitliche Gebärdensprache setzt sich aus Gebärden zusammen, die in allen Regionen im Südsudan genutzt werden. „Die ersten 200 Gebärden, die auch im Wörterbuch erfasst sind, betreffen vor allem Alltagsthemen, wie die Familie, Essen, Trinken und Bildung, aber auch Städte und Ländernamen“, so Klaas Aikes: „Ziel ist es, diese Sammlung kontinuierlich zu erweitern und Gebärden für alle Lebensbereiche zu erfassen.“

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation leben rund fünf Prozent bzw. 600.000 Menschen mit Gehörverlust im Südsudan. Jedoch wird angenommen, dass diese Zahl in sehr armen Ländern und Krisenregionen ohne flächendeckende Gesundheitseinrichtungen, wie im Südsudan, deutlich erhöht ist.

Erfassung der Gebärdensprache dauerte drei Jahre

In den vergangenen drei Jahren ermöglichte und koordinierte die Fachorganisation Licht für die Welt die Entwicklung der offiziellen südsudanesischen Gebärdensprache mit lokalen und internationalen Fachleuten – darunter 15 Mitglieder lokaler Gehörlosenverbände und zwei Gebärdensprachexperten der Universitäten Leiden und Addis Abeba. Landesweit wurden in enger Zusammenarbeit mit Behindertenverbänden „Datensammler“ ausgebildet, die regionale Gebärden systematisch identifizierten und aufzeichneten. Diese Aufzeichnungen wurden mithilfe von Gebärdensprachexperten analysiert, gemeinsam mit den lokalen Organisationen selektiert und in Bildern und Beschreibungen für das Wörterbuch aufbereitet. „Im Mittelpunkt des Prozesses standen die Behindertenverbände und Vertreterorganisationen von gehörlosen und hörbehinderten Menschen im Südsudan. Sie sind die Experten für die lokale Gebärdenpraxis und repräsentieren die Bevölkerung“, erklärt Aikes und ergänzt: „Die Entwicklung der eigenen Gebärdensprache brachte auch mehr Selbstbewusstsein und ermutigt sie, sich weiter für ihre Rechte und Sichtbarkeit in der Gesellschaft einzusetzen.“ Unter den Behindertenorganisationen, die maßgeblich beigetragen haben, waren die Equatoria Association of the Deaf, die National Association of the Deaf, die Association of Deaf Concern sowie Mitglieder des Women Disability Network. Unterstützt wird das Gebärdensprach-Projekt auch vom Bildungsministerium und vom Ministerium für Genderfragen, Kinder und Sozialhilfe im Südsudan, das das Gebärdenwörterbuch gemeinsam mit lokalen Behindertenverbänden und Licht für die Welt am 1.12. anlässlich des Welttags der Menschen mit Behinderungen (3.12.) in Juba lanciert. Auch die neue Behindertenpolitik der Regierung wird bei der Veranstaltung vorgestellt.

Weiterentwicklung Gebärdensprache geplant

„Die neue offizielle Gebärdensprache und das zugehörige Wörterbuch werden kontinuierlich weiterentwickelt“, erklärt Klaas Aikes. Licht für die Welt arbeitet an einer nächsten Auflage mit weiteren Gebärden. Zudem werden Trainer für die neue Gebärdensprache ausgebildet, um diese landesweit bekannt zu machen und die Sprachnutzung gerade bei offiziellen Anlässen, wie in der Bildung oder bei Übersetzungen, zu ermöglichen.

Licht für die Welt ist seit 2005 in dem jüngsten Staat der Welt aktiv und betreibt in der Hauptstadt Juba ein eigenes Länderbüro mit lokalem Personal. Inmitten der humanitären Katastrophe unterstützt die Hilfsorganisation gemeinsam mit ihren Partnern jährlich zehntausende blinde, sehbehinderte und anders behinderte Menschen im Bereich Gesundheit, Bildung, Arbeit und Menschenrechte. Schätzungsweise 15 Prozent der Bevölkerung im Südsudan, also über 1,8 Millionen Menschen, leben laut der Weltgesundheitsorganisation mit einer Behinderung. In Krisen und Konfliktregionen erhöht sich diese Zahl durch Verletzungen jedoch deutlich. Für Menschen mit Behinderungen, die von vielen Nothilfeprogrammen aufgrund zu großer Barrieren ausgeschlossen sind, ermöglicht LICHT FÜR DIE WELT eine grundlegende Versorgung mit Hilfsmitteln und Rehabilitation. Allein im Jahr 2015 versorgte die Hilfsorganisation über 11.500 Menschen mit Behinderungen im Südsudan in Projekten zur physischen Rehabilitation.

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