Was das Corona-Virus für Menschen auf der Flucht bedeutet
In einer Zeit, in der viele von uns zu Hause sitzen oder das schöne Frühlingswetter bei einem Spaziergang genießen, kann schnell vergessen werden, wie es Menschen ergeht, die nicht in ihrer Heimat sein können oder sogar kein Zuhause mehr haben. Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf das Leben von Menschen auf der Flucht?
Der Blick geht zunächst nach Moria: Dieses Camp auf der griechischen Insel Lesbos war eigentlich nur als Übergangsstation für 1.500 Geflüchtete angedacht. Derzeit leben dort jedoch 7.500 Menschen auf engstem Raum – ohne Aussicht auf eine Verbesserung der Situation. Es gibt keine Privatsphäre, viele Geflüchtete leiden an einem schlechten Gesundheitszustand und die Hygiene-Bedingungen sind mangelhaft. Sollte das Virus das Camp erreichen, wird es sich vermutlich rasant verbreiten. Viele Ehrenamtliche, die mithilfe von Bildungsprojekten, Notversorgungen und Medikamenten tagtäglich versuchen, die Lebensbedingungen der Menschen in Moria zu verbessern, werden durch die Maßnahmen der griechischen Eindämmungspolitik an ihrer Arbeit gehindert. So kann kein Unterricht mehr stattfinden und die mangelnde polizeiliche Unterstützung erschwert die Notversorgung. Diese Faktoren erschweren zusätzlich die Sicherheit der Schutzsuchenden. Daher werden Stimmen von Nichtregierungsorganisationen laut, die die sofortige Evakuierung der Menschen in geeignete Unterkünfte fordern.
Der zweite Blick schaut auf das Mittelmeer: Flüchtlingsboote geraten dort weiterhin in Seenot. Doch aufgrund der Corona-Pandemie können private Rettungsschiffe derzeit nicht auslaufen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Einige Besatzungsteams erhalten keine Ersatzteile für ihre Schiffe, da die Läden geschlossen sind. Wieder andere Besatzungen sind nicht einsatzfähig, da einige ihrer Crewmitglieder in Quarantäne sind oder durch Reisebeschränkungen an der Anreise gehindert werden. Daher kann beispielsweise die Rettungsorganisation Sea-Eye mit ihrem Schiff „Alan Kurdi“ nicht mehr in See stechen. Einerseits könne man derzeit keine einsatzfähige Crew zusammenstellen und zweitens brächen die Spenden weg. Ähnlich ergeht es der „Ocean Viking“ von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerraneé. „Es ist kein einziges privates Rettungsschiff im Mittelmeer, obwohl weiter Flüchtlingsboote in Seenot sind.“, teilte Ruben Neugebauer von der Organisation Sea-Watch dem „Evangelischen Pressedienst“ mit.
Diese beiden Schlaglichter sind nur zwei Beispiele für die verheerenden Auswirkungen, die das Virus und die getroffenen politischen Maßnahmen für Menschen auf der Flucht hat. Weiterhin setzte das deutsche Innenministerium die Resettlement-Verfahren aus, die seit 2012 Geflüchteten in Notlagen einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gewähren sollen. Ebenso haben die UN-Organisationen „Internationale Organisation für Migration“ (IOM) und UNHCR ihre Resettlement-Verfahren ausgesetzt. Stattdessen brachte die IOM in den vergangenen Tagen Hunderte Geflüchtete, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollten, zurück nach Libyen. In den dortigen Lagern erwarten sie häufig menschenunwürdige Bedingungen und Gewalt.
Welche Personengruppen in Deutschland selbst gerade besonders stark von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind, lesen sie in der kommenden Ausgabe der LoNam Anfang April! Bis dahin alles Gute 🙂
Mareike Rohloff